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Coronakrise: Erst darf die Schwere da sein, bevor die Chance kommt

Scheisse oder doch Chance? Viele Artikel handeln davon, dass wir doch nun eine Chance dahinter sehen können. Andere schreiben darüber wie schlimm diese Coronakrise gerade ist und uns noch schlimmer treffen wird. Wie so immer, wenn es um Krisen und Gefühle geht, dann scheint es oft nur das eine oder andere zu geben. Ich sage, wie auch in der Trauer, beides muss nun seinen Platz finden dürfen, denn nur durch die Scheisse kommen wir an unsere Chance heran und Chancen können wir nur sehen, wenn es uns erst beschissen gehen darf.

„She doch das Positive daran“

Viele haben nun ihre Jobs verloren, blicken mit einer großen Ungewissheit in die Zukunft. Viele haben aber auch Angst um die Liebsten, haben vielleicht schon Todesfälle erlebt und betrauern müssen. Und all diese Gefühle haben ihre Berechtigung und müssen durchgefühlt werden, um schließlich selbst wieder Chancen und Hoffnung erblicken zu können. Denn nur so funktioniert Trauer.

Krisen und Verluste machen uns hilflos, traurig, schockiert, wütend. Und unsere Gegenüber halten das genauso wenig aus. Wenn ich also erzähle, dass ich gerade alle meine Aufträge für die nächsten Monate verloren habe und darüber sehr traurig bin, dann kommt auf der anderen Seite im gleichen Atemzug: „Vielleicht hat es auch etwas Positives. Vielleicht braucht dies dein Körper jetzt mal, eine Pause. Ist doch gut. Betrachte es doch mal positiv. Du kannst alles ja nachholen.“

Wenn du erzählst, dass dich dein Freund verlassen hat und du gerade tieftraurig bist, dann kommt sogleich: „Ach du findest wieder jemanden. Das kriegst du alles hin jetzt. Er war eh ein Idiot“

Wenn deine Mutter verstorben ist hörst du vielleicht oft: „Es ist besser so. Sie war so krank. Du musst nun stark sein.“

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Wir Menschen halten Traurigkeit, Verzweiflung und Hilflosigkeit nicht aus, geben diesen Gefühlen keinen Raum und springen sofort über zur Chance, zum Positiven, zur Zukunft, anstatt Gefühle erst einmal zu erlauben und sich dann, wenn der einzelne bereit dazu ist (und das ist fast jeder irgendwann) auf die Chance einzulassen. Wir berauben uns alle um diese unangenehmen Gefühle. Auf Dauer macht uns das krank und wir verlernen Verluste zu betrauern, werden abgestumpfte Menschen.

Denn das Leben darf auch einfach mal scheisse sein, sich traurig anfühlen, schwer sein, gerade in einer Krise. Wenn du diesen Gefühlen dann Raum gibst, sie spürst und ausdrückst, nimmst du dir selbst den Druck heraus und kannst dich automatisch von selbst nach einer gewissen Zeit wieder auf die Hoffnung, das Positive und die Chance einlassen.

Ja eine solche Krise, wie auch alle Verluste, die Trauer mit sich bringen beinhalten Positives und Chancen, aber sie brauchen Zeit, um diese entwickeln und sehen zu können. Und sie sollten von innen heraus entstehen, nicht aufgedrängt werden vom Gegenüber, wenn der einzelne noch nicht bereit dazu ist.

Das alles hat nichts damit zu tun, nur negativ zu sein und negativ zu denken. Es braucht aber Platz für genau diese Gefühle, um gesund etwas betrauern zu dürfen. Und dafür braucht es ein Hinschauen und Durchspüren, ein Fühlen und Erlaubnis von Angst, Traurigkeit und Wut, um Liebe, Chancen und Hoffnung wieder sehen zu können.


Was bei der Corona-Krise in der Kommunikation mit Freund*innen/Familie nun wichtig ist

Zuhören!

Unbedingt zuhören, hinhören, was dein Gegenüber zu sagen hat. Den Schmerz und das Leid des anderen aushalten, mitbetrauern, auch wenn die Situation für dich vielleicht als nicht so schlimm gilt. Für dein Gegenüber fühlt es sich vielleicht schlimm an und das darf nun Raum bekommen!

Nicht vergleichen!

Wir alle sitzen momentan im selben Boot, aber trotzdem können wir einzelne Schicksale nicht miteinander vergleichen. Beide haben den Job zb verloren. Da gibt es kein schlimmer und weniger schlimm, für jeden von ihnen ist es anders schlimm, aber eben schlimm. Jeder einzelne hat eine andere Umgebung, Umwelt, Arbeitswelt, Lebenswelt etc. … die es ebenso zu berücksichtigen gilt. Nicht vergleichen und jedes Schicksal für sich stehen lassen.

Verzichte auf Floskeln!

„Das geht alles bald wieder vorbei“/“Sei nicht traurig. Das bringt jetzt auch nix.“
Sag lieber: Ich verstehe dich. Ja das ist echt scheisse und darfs jetzt mal sein. Das tut mir so leid grad für dich, ich weiß gar nicht was ich sagen soll.

Unterstütze, wenn du kannst!

Nicht indem du denjenigen jetzt umarmst, aber vielleicht hast du einen gerade sicheren Job oder mehr Erspartes, dann greif demjenigen unter die Arme, indem du zb. Geld spendest oder Lebensmittelgutscheine. Geh einkaufen, biete Hilfe an!

Biete deine Lösungshilfen an!

Nicht sofort, aber wenn derjenige bereit dazu ist: „Wenn du deiner Traurigkeit Ausdruck verliehen hast und nach Lösungen für diese Lage suchen magst, stehe ich zur Verfügung und helfe dir gerne.“

Akzeptiert einander!

Jeder geht mit seinen Gefühlen anders um und jeder geht in seinem eigenen Tempo, das ist immer bei allen Krisen und Verlusten so. Akzeptiert und respektiert Entscheidungen und Gefühlslagen des anderen.


Wie geht es dir mit der derzeitigen Lage? Kommentiere unterhalb!

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