Ein Wort, ein Blick, eine Handlung, eine Erinnerung, ein Lied, ein Bild. Du beginnst schneller zu atmen, bekommst kaum Luft. Schreckliche Bilder und Momente schwirren dir im Kopf umher, so schnell, dass du sie kaum zuordnen kannst. Imaginäre Sätze und Worte verschlimmern den Zustand noch. Alles um dich herum nimmst du nur noch verschwommen war. Deine inneren Bilder und Stimmen beherrschen dich vollkommen und kreieren eine eigene Welt. Dein Herz beginnt schneller zu schlagen und fühlt sich an, als würde es sich bald aus deinem Brustkorb reißen. Dein ganzer Körper zittert, deine Hände werden vom Schwitzen feucht. Übelkeit steigt auf. Dir kommt vor, als würde sich dein Magen gleich nach oben hin entleeren wollen. Alles dreht sich. Du möchtest schreien, weinen, rennen, gleichzeitig bist du aber wie versteinert. Dir scheint als wärst du nicht mehr Herr deiner Gliedmaßen, du kannst sie nicht ansteuern. Und ganz leise schreit es in dir: „Rette mich! Bitte!“ Doch die Angst und Panik nehmen dir auch deine Stimme…

Niemals hätte ich früher geglaubt, dass ein Verlust durch Tod Angst und Panik in mir auslösen könnten. Ich stellte mir das immer so vor, dass die Hinterbliebenen 24 Stunden täglich weinen und nur Trauer empfinden. Weit gefehlt. Viele Trauernde berichten immer wieder von Angstzuständen und Panikattacken. Sie treten oft nicht kurz nach dem Tod auf, sondern vielmehr Wochen später. Dann, wenn das alltägliche Leben dich wieder einholt. Zu Beginn kann passieren, dass die Auslöser dafür nicht erkennbar sind und du nicht einmal bezeichnen kannst, wovor du überhaupt Angst hast. Aber sie ist da, klar und deutlich, das weißt du.

Meine erste Panikattacke hatte ich im Büro der Kriminalpolizei, als sie uns detailgetreu erzählten, was in der besagten Nacht mit meiner Schwester passierte. Die Gefühle, wie ich sie oben beschrieb, traten in einer Heftigkeit auf, wie ich sie so noch nie erlebte. Damals war mir auch nicht bewusst, dass dies meine erste Attacke war. Woher auch. Die ersten Monate besuchten mich beinahe jede Nacht Alpträume und anschließende Panikattacken. Ich konnte, wenn überhaupt nur noch mit einem scharfen Messer und einem Pfefferspray neben dem Bett schlafen. Mit Hilfe einer Therapeutin wurde meine Angst immer deutlicher, oder besser meine Ängste. Denn es wurden immer mehr. Angst davor, der Mörder könnte ausbrechen und mir dasselbe antun, Ängste um meine anderen zwei Schwestern, Angst vor fremden Männern, Zukunftsängste, die Angst meine tote Schwester könnte mir,  wie aus einem Horrorfilm, erscheinen, um hier nur einige zu nennen. Durch bewusste harte Arbeit an mir konnte ich die Ängste lindern, und auch die Panikattacken wurden seltener. Ob sie jemals ganz verschwinden werden, weiß niemand, aber ich habe Strategien für mich entwickelt, die mir einen erträglichen Umgang damit geben.

Ich möchte diese Strategien hier mit dir teilen, in der Hoffnung, dass sie vielleicht auch dir ein Stück weit deine Angst nehmen. Sie sollen dir Mut machen und zeigen, dass du nicht alleine bist. Natürlich ersetzen sie keine therapeutische Hilfe, geben aber vielleicht ein Stück weit Hoffnung.

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Grundlegendes um die Angst zu mindern

Werde dir deiner Angst bewusst

Der erste Schritt liegt darin deine Angst oder Panikattacke zu erkennen. Gar nicht so einfach. Wenn du also im Alltag merkst, dass dir hin und wieder dieser Gefühlsrausch, wie oben beschrieben, begegnet, kannst du dir ziemlich sicher sein, dass dies Angstzustände sind. Dann versuche vielleicht weiter zu überlegen, wovor du im Moment gerade Angst hast. Und noch weiter, vielleicht findest du sogar den Auslöser dafür? Das braucht sehr viel Übung und kann wirklich lange dauern bis dir bereits beim Anflug einer Attacke schon bewusst wird, dass nun eine kommt. Sogar ich bin noch kein Profi darin und erkenne sie manchmal erst mitten drin. Aber sobald du weißt, dass du unter Angstzuständen leidest, kannst du sie auch gezielt angehen.

Du bist HerrIn deiner Gedanken

Wir denken oft, wir sind vollkommen hilflos unseren Gedanken ausgeliefert. Das ist falsch. Wir können diese ganz gezielt steuern und unterbinden. Auch dies verlangt viel an Übung. In Momenten, in denen dir die Angst wieder leise zuflüstert und dich klein drücken möchte, sag dir laut STOP, sofern du alleine bist. Und dann sprich dir laut zu. In meinem Fall z. B.: „Nein, es kommt nun niemand durch diese Türe. Du bist allein und dir kann hier nichts passieren. Hör auf diesen Schwachsinn zu denken.“ Je nach Angst, schreib dir ein paar Sätze auf, die du notfalls anwenden kannst. Trage diesen Zettel immer bei dir! Diese Sätze wiederholst du solange bis du lauter bist als deine Angst und du dich wieder ruhig und sicher fühlst.

Mach Sport und Bewegung

Als ich mit dem Trainieren begann und physisch Kraft und Stärke aufbaute, wälzte sich das ebenso auf meine Psyche um. Ich fühlte mich mental unglaublich viel stärker, hatte dadurch weniger Angst vor Männern und anderen Menschen. Die Kraft gab mir Sicherheit, Stärke, Selbstbewusstsein und eine Kontrolle über meinen Körper. Der Sport zeigte mir, dass ich entscheiden kann, was mit ihm geschieht und ihn über Grenzen führen kann. Wenn mein Kopf mir sagte, ich sei körperlich zu erschöpft um die nächste Übung zu machen (was bei weitem nicht so war und mir mein Kopf was vorgaukelte), begann ich diesen zu kontrollieren und zeigte ihm, dass da sehr wohl noch Kraft da war. Diese Erfahrung war für mich eine der Schlüsselmomente, als ich verstand, dass ich die Angst bis zu einem gewissen Maß kontrollieren kann. Die neurologischen und wissenschaftlichen Hintergründe kann ich hier nicht aufschlüsseln, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass der Sport einen großen Teil dazu beitrug meine Ängste zu überwinden. Dabei brauchst du eine Regelmäßigkeit im Training und solltest mindestens drei mal pro Woche Sport machen. Nur so kann auch deine mentale Stärke wachsen und deine Angst schrumpfen. Nach circa vier Wochen setzen die ersten Erfolge ein.


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Kreiere dir ein Symbol, das dich beschützt

In Situationen, wo die Angst wiedermal dominiert, fühlen wir uns dann oft allein und im Stich gelassen. Für solche Situationen hab ich mir mit Hilfe meiner Therapeutin ein Wesen auf die Schulter gesetzt, das mich imaginär beschützen soll und mich stärker fühlen lässt. Eine große mächtige Eule, welche die Flügel ausschlägt sobald mir jemand zu nahe kommt. Natürlich lauf ich nicht wirklich mit einer Eule durch die Gegend. Sie existiert nur in meiner Fantasie, wurde für mich aber schon so real, dass sie mir einfach das Gefühl schenkt, ich sei nicht alleine. Auf der anderen Seite sitzt ein kleiner Schmetterling, meine Schwester. Auch von ihr fühle ich mich im Alltag, wenn die Ängste mich beherrschen versuchen beschützt und in Sicherheit gewogen. Zwingend muss es sich hier nicht um ein Tier handeln, sondern kann auch ein Fabelwesen sein. Was auch immer, Hauptsache es hilft dir dich sicherer zu fühlen.

Tipps & Tricks, um dich aus der Panikattacke raus zu holen

Schaffe dir einen inneren sicheren Ort

Ebenso in meiner Therapie entstanden, entwickelte ich aus meiner Fantasie heraus einen imaginativen Ort, der mir Sicherheit und Wohlbefinden schaffte. In meinem Fall handelt es sich um die Spitze eines Berges, welche mit duftender Wiese und Blumen überzogen ist. Die Sonne scheint, ein paar Wolken ziehen vorbei und ich kann die Welt von da oben betrachten. Ein Zaun aus Schmetterlingen umgibt mich, der für andere unpassierbar ist. So in etwa schaut dieser Ort aus und wenn ich eine Panikattacke bekomme, laufe ich in meinen Gedanken diesen Berg hinauf und verbringe dort soviel Zeit, bis ich mich wieder sicher und ruhig fühle. Erst dann steige ich ins Tal hinab. Dabei ist es wichtig, dass du diesen Ort wirklich detailgetreu ausschmückst und dich immer wieder mal im Alltag dorthin bewegst. So übst du das Abrufen dieses Ortes und es fällt dir in der Attacke leichter. Dieser Ort hat mich schon aus vielen schlimmen Situationen gerettet. Das tolle daran finde ich, dass niemand von außen dir ansehen kann, dass du gerade auf diesem Berg sitzt. Klingt alles vielleicht ein bisschen seltsam und lustig, aber probier`s einfach mal aus. Fantasie muss nicht nur schlimme Gedanken haben, sie kann auch wirklich Schönes in unserem Kopf hervorbringen.

Gedanken durchbrechen

In der Attacke selbst ist besonders wichtig diese panischen Gedanken schnell zu durchbrechen. Mit Hilfe von systematischen Mustern kann dir das gelingen. Du könntest von 100 abwärts in 3er/4er/6er/7er Schritten zählen, oder du suchst dir ähnliche Gegenstände im Raum und zählst sie durch, oder alle roten/gelben/grünen/blauen Dinge im Raum. Probiere dich hier aus, was dir am ehesten hilft. Dabei kommt es auf den Raum und Ort an, was gerade zur Verfügung steht. Du kannst auch ein Armband aus Gummi verwenden und dies schnalzen lassen, um dich in den Moment zurück zu holen. Ein Foto oder ein Anhänger, das dir sofort glückliche, schöne Erinnerungen schenkt, kann dir ebenfalls in der Attacke helfen. Trage auch Solches immer bei dir.

Bewege dich

Steckt man wie gefroren in der Angst fest, kann es sehr schwer sein sich zu bewegen. Mit regelmäßiger Anwendung wird auch dies leichter werden. Vor allem, wenn mich in der Nacht die Angst packt oder während ich daheim bin, stehe ich auf und beginne mit einer Reihe an leichten Übungen. Sie aktivieren meinen Geist, wodurch ich wieder klarer denken kann, lenken von den Ängsten ab und holen mich aus der Attacke zurück. Zieh zb. abwechselnd die Knie hoch im Stehen und mach ein paar Hampelmänner hintereinander. Einfache unkomplizierte Übungen, die dir leicht fallen, sollten es sein.

Frag um Hilfe

Vielleicht hast du eine gute Freundin, die von deinen Ängsten weiß und der du dich anvertrauen kannst. Frag, ob es ok wäre, wenn du sie notfalls anrufen könntest und sie dich dann auf andere Gedanken bringen könnte. Wenn du eine(n) PartnerIn hast und zusammen wohnst, kann vielleicht auch dieser eingreifen und dich aus einer Attacke raus holen. Mein Freund kann das schon instinktiv meisterlich. Sobald er merkt ich falle in eine Attacke, beginnt er mir von Momenten zu berichten, die wir gemeinsam erlebten. Dadurch komme ich ganz schnell aus den angst-machenden Gedanken heraus, ohne selbst viel Kraft dafür aufwenden zu müssen. Aber beachte, dass du dich dadurch natürlich nicht abhängig machst. Vordergründig solltest du selbst deine Panik beherrschen lernen, weil nicht immer kann jemand erreichbar sein oder steht jemand daneben, der dich auffängt.

Mach Musik an, tanze und singe

Erstelle dir eine Notfall Playlist, die voll mit Musik ist, die dich an angenehme und ausgelassene Momente erinnern. Wenn die Attacke daheim passiert, kannst du die Playlist anschalten und dich sogar noch dazu bewegen. Auch beim Autofahren kann diese Methode helfen und dich ablenken, lautes mitsingen kann den Effekt gleich noch erhöhen. Und wenn du unterwegs bist, kannst du die Lieder über Kopfhörer anhören und dich in die schönen Erinnerungen und Momente stürzen, statt deiner Angst die Aufmerksamkeit zu geben.


Gib nicht auf!

Diese Helferlein werden womöglich nicht sofort bei deiner ersten Anwendung funktionieren. Sie benötigen viel an Übung und Regelmäßigkeit. Lass dich davon nicht einschüchtern und gib nicht so schnell auf! Probier dich durch und finde deine eigenen Methoden, die dir am besten helfen. Nicht jedem hilft das Gleiche. Aber eine kleine Auswahl kann schon mal nicht schlecht sein. Wie gesagt ersetzen diese Tipps natürlich keine professionelle Unterstützung. Vor allem sind diese Methoden keine Lösungen für die eigentlichen Probleme, sondern unterstützende Maßnahmen, die den Weg bis zur Problemlösung einfach erleichtern. Wenn du langfristig merkst, dass du alleine nicht weiter kommst, hol dir jemanden, der dir auf deinem Weg hilft! Das ist wirklich ganz wichtig und auch schonender für deinen Körper.

Sind auch dir diese Angstzustände und Panikattacken bekannt? Welche Methoden helfen dir in diesen Situationen raus? Lass es mich wissen!