triggern trauer

Du sitzt fröhlich und gelassen bei einer Feierlichkeit von Freunden. Alles verläuft ruhig und dir geht es im Grunde genommen gut. Unter den Gästen sind auch viele unbekannte Gesichter. Sie wissen nicht viel von dir, und vor allem, sie kennen die Geschichte deines Verlustes nicht. Obwohl es dir gut geht, schwingt ein bisschen Angst in dir mit, jemand könnte danach fragen. Du gehst immer wieder die Antwortmöglichkeiten durch und hoffst, dass heute wirklich ein guter Tag ist und du nicht losweinen musst. Plötzlich beginnt einer zu erzählen. Eine belanglose Geschichte, würde sie nicht diese Worte enthalten. Worte, die dein Herz zum Stillstand bringen und es langsam implodieren lassen. Worte, die unerträgliche Schmerzen auslösen und dich an all das Schreckliche erinnern. So genannte Trigger (Auslöser).

Triggernde Worte

Wenn niemand über dich und deinen Verlust Bescheid weiß

Solche Situationen kommen dir bestimmt bekannt vor. Mir passierte so eine an einem Wochenende 2017, als ich frisch mit dem SeelenSport® gestartet war. Ich war bei einer Geburtstagsfeier eingeladen und kannte nur das Geburtstagskind selbst und meinen Freund, der mich begleitete. Niemand wusste also von meiner Geschichte. Es war ein guter Tag, aber ich spürte auch ein bisschen Traurigkeit in mir. Dennoch freute ich mich auf die Feier. Anfangs verlief diese auch ausgelassen und lustig. Meine Angst war, jemand könnte mich wieder nach Geschwistern oder meinem Beruf fragen. Ich habe mir ohnehin schon meine Standardantworten zurecht gelegt und bereite mich jedes Mal vor, trotzdem ist meine Gefühlslage nicht immer kontrollierbar und genau zu planen. Meistens schaffe ich, normal zu antworten und doch fühlt es sich immer an, als hätte ich eine Bombe in die Runde geschleudert.

Geschockte Gesichter, sprachlose Münder, Tränen in den Augen. Wer will das schon auf einer Feier auslösen.

Ich antworte dann kurz mit „Es ist ok, danke für eure Anteilnahme, ich lebe nun damit über drei Jahre. Es ist wirklich ok, könnten wir bitte wieder zur Feierlichkeit zurückkehren?“ Und sogar, wenn wir das dann auch tun, sie sehen mich mit ganz anderen Augen an. Augen, die unzählige Fragen beinhalten. Das kann man ihnen nicht übel nehmen, mir ginge es wohl nicht anders.

Eine Zeit lang, als ich noch nicht mit SeelenSport® begonnen habe, antwortete ich manchmal nur zwei Schwestern zu haben. Ich verleugnete Larissa, um den schockierten Gesichtern zu entgehen. Vielleicht hast auch du schon mal so gehandelt? Das war pure Folter. Noch schlimmer als die Reaktionen der Einzelnen zu ertragen. Es fühlte sich falsch an und schmerzte in meinem Herzen. Daher begann ich wieder die Wahrheit zu sagen, auch wenn es mich beim Aussprechen selbst zu Tränen rühren könnte und ich mit den Blicken der anderen leben muss. Aber diese Wahrheit gehört nun mal zu meinem Leben und ich möchte mich deswegen nicht verstecken müssen.

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Worte, die wie Messer in dein Herz stechen

Soweit kam es nicht an diesem Abend. Es kam viel schlimmer. Darauf war ich überhaupt nicht vorbereitet und es traf mich mit einer verdammt großen Wucht. Wenn Menschen in Gruppen zusammen sitzen und munter und fröhlich miteinander reden, fällt ihnen gar nicht auf, wie oft sie eigentlich Worte wie „Tod“, „umbringen“, „erwürgen“, „töten“, „sterben“ etc. erwähnen.  Floskeln wie „Man, ich könnt dich grad umbringen“ oder „Das tat so weh, ich dachte ich muss sterben“ werden für Aussagen verwendet, die nicht annähernd mit dem Tod selbst was zu tun haben. Die meisten von ihnen erlebten noch nicht das wahre Ausmaß derer Worte, sonst würden sie diese niemals ständig in den Mund nehmen.

Auch ich habe sie früher belanglos verwendet. Heute verwende ich sie nur noch in ihrer wirklichen Bedeutung.

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Ich kann mit Situationen, in denen sie belanglos in Gesprächen ausgesprochen werden, mittlerweile ganz gut umgehen. Sie lösen zwar kleine Stiche im Herzen aus, die ich aber dann einfach aushalte. Doch an jenem Abend fielen Worte, die verdammt große Stiche auslösten und ich ihnen kaum standhalten konnte. In meinem Fall sind das „Gerichtsmedizin“ und „(Wasser)Leichen“ und noch ein paar andere. Sogar jetzt, wenn ich das runter schreibe, wird mir dabei übel. Worte, die wirklich selten bei einer Feier vorkommen und worüber kaum gesprochen wird. Hätte da dieser eine Mann nicht ein Date mit einem Mädchen gehabt , das genau diesen Job ausübte.

Ich habe meine Schwester nie nach ihrem Tod gesehen. Das war nicht möglich, da sie durch das lange Treiben im Wasser derart verunstaltet war. Und doch wusste ich ausführlich was ihr geschehen ist und machte mir ein eigenes Bild ihrer „Leiche“. Mit diesem Bild kämpfe ich heute noch. Und genau solche Begriffe lösen diese Bilder in mir aus. Dagegen anzukämpfen ist schlimmer und anstrengender als jedes Workout, aber du kennst das bestimmt selbst. Durch meine Trainings habe ich es weitaus besser geschafft diese Bilder wegzudrücken, als zuvor. Dennoch gelingt es mir nicht immer gänzlich. Vielleicht sind es bei dir andere Worte. Das kommt auf den Menschen und das Erlebte an. Nicht bei jedem triggern dieselben Worte.

Und plötzlich musste ich weinen…

Nun saß ich da und dieser Mann stach mir mit seinen Worten ins Herz und das immer wieder. Ich blickte zu meinem Freund und erwähnte, dass mir übel wurde. Dieser erkannte die Situation sofort. Er versuchte mich mit Facebook und anderen Bildern und Worten abzulenken. Nebenbei hörte ich dennoch immer wieder diese Worte und Ausschmückungen der einzelnen Szenen. Es war zu spät. Schmerzen stiegen im Hals auf und ich spürte meine Tränen die Wangen herab kullern. An diesem Tag hatte ich zu wenig Kraft, um sie zurück zu drücken. Diese Tage gibt es auch bei mir.

Ich wollte sagen, dass er doch bitte aufhören solle zu erzählen, dass ich es heute nicht ertrage und hören kann. Doch ich traute mich nicht. Beschäftigt mit dem Wegdrücken meiner Tränen hörte ich meine Freundin sagen, ob ich denn nicht kurz nach hinten gehen möchte. Sie hatte die Situation spät, aber doch erkannt und wusste was los war.

Und plötzlich dachte ich an meine Arbeit und diesen Blog und antwortete: „Nein, danke, möchte ich nicht. Es geht schon.“ Und dachte mir weiter: „Nein ich werde mich für meine Tränen nicht entschuldigen.“ Früher habe ich das oft gemacht. Heute nicht. Für mein Lachen musste ich mich doch auch nicht entschuldigen.

Ja ich weine, ich bin ein Mensch und weine. So blieb ich sitzen und mir liefen die Tränen.

Niemand wusste warum, sie ignorierten es gelassen oder bemerkten es nicht einmal. Darum war ich sehr froh. Ich hatte keine Lust mich zu erklären. Ich wollte nur kurz meinen Schmerz loswerden, mehr nicht. Einige Minuten später, das Thema wurde bereits gewechselt, begannen meine Tränen auch wieder zu trocknen und ich war wieder munter und fröhlich. Das ist Trauer und sie gehört zu meinem Leben. Ich ließ sie kampflos zu und stürmte nicht aus der Situation oder floh nach Hause. Und siehe da, sie haben es ausgehalten. Sie haben mich einfach angenommen, auch wenn sie nicht wussten was mit mir los ist. Und so bekommt die Trauer langsam ihren Platz in der Gesellschaft.

Wenn sie es nicht aushalten

Natürlich ist dies nicht immer der Fall. Leider ist die Regel, dass Menschen schnell überfordert sind, sobald jemand zu weinen beginnt. Wissen sie allerdings nicht, was der Hintergrund dazu ist, fragen sie meist, ob sie was tun können. Hier antworte ich einfach mit einem höflichen Danke und erkläre, dass es gleich wieder vorbei ist. Das reicht dann oft aus und sie kehren zu ihren Gesprächen zurück. Ist der Hintergrund bekannt, schaut das Ganze oft gleich anders aus. Neben der Frage, ob sie was für einen tun können, kommen noch gut gemeinte Ratschläge hinzu, was denn jetzt helfen könnte oder was ich mir generell überlegen sollte. Das ist überaus lieb und ich bin auch dankbar dafür. In der Situation jedoch überhaupt nicht notwendig oder erwünscht, denn alles was ich in dem Moment wünsche ist ein bisschen weinen zu dürfen, um dann selbst wieder gelassen in der feierlichen Runde Teil nehmen zu können. Sind Menschen in der Runde zugegen, die selbst einen schweren Verlust durchleben mussten, reagieren diese in solchen Fällen instinktiv „richtig“. Sie blicken dich an, lächeln dir zu und in ihren Augen siehst du folgende Worte: „Ich weiß wie du fühlst. Ist vollkommen ok.“

Das Wichtigste ist, dass du bei dir selbst bleibst und das tust, was dein Körper und dein Herz in diesem Moment brauchen.

Wenn dir die Tränen unangenehm sind, verlass die Runde und komm wieder, sobald es dir besser geht. Wenn du nach Hause gehen möchtest, tue das einfach. Aber tue nicht das, was die Gruppe oder Gesellschaft von dir erwartet oder was du glaubst, das sie erwartet. Sie sind nicht die, welche deinen Schmerz tragen müssen. Ich habe viel zu lange mit mir selbst gekämpft und das getan, was „sich gehört“. Dabei habe ich mir selbst und meinem Körper geschadet. Auf Dauer kann dich das krank und depressiv machen.

Bilder als Trigger

Neben Worten können auch „Bilder“ Auslöser von Schmerzen sein. Hier sind Bilder in der Form von allen Dingen, die du mit den Augen wahrnimmst und siehst gemeint.

Beispiele können sein:

  • Menschen, die dem/der Verstorbenen ähnlich sehen
  • Gegenstände, die an den Verlust erinnern
  • Orte, die du mit dem Verlust verbindest (Krankenhaus zb.)
  • Farben, Erinnerungsstücke, Essen
  • Fotos, Bilder, Filme

Ich meine hiermit nicht schöne Erinnerungen, die hervorgerufen werden. Diese gibt es natürlich auch zur Genüge. Ich spreche hier vielmehr von Dingen, die an die schlimmen und schrecklichen Szenen des Verlustes erinnern und dadurch Schmerzen oder Angstzustände auslösen, ähnlich wie bei den Worten.

In meinem Fall habe ich ein großes Problem mit gewaltsamen Filmen, in denen Menschen verschwinden, entführt oder ermordet werden. Lange Zeit habe ich Freunden oder meinem Freund zuliebe Filme jeglicher Art trotzdem angeschaut. Ich wollte ja kein Spielverderber sein. Und jedesmal passierte es wieder. Jemand wurde gewürgt oder musste umkommen. Man glaubt gar nicht, wie oft solche Szenen sogar in Komödien vorkommen. Irgendwann beschloss ich endlich nein zu sagen und zu erklären, dass mir diese Filme einfach nicht gut tun. Ich wechselte auf Walt Disney Filme bzw. schaue ich generell nur noch sehr selten TV.

Die meisten „Bilder“ lassen sich meist nicht umgehen und wir müssen Strategien entwickeln, um in der Situation möglichst gut davon zu kommen. Wenn du aber die Möglichkeit hast, diesen auszuweichen, weil der Trigger eine Panikattacke auslöst, dann tue es. Du musst dich nicht zwingen, dir noch zusätzlich durch diese Bilder Schaden zuzufügen. Auch hier solltest du dich wieder voran stellen und auf dich achten. Wenn du alleine nicht zurecht kommst und die Kraft dafür hast, dann hol dir auch in diesem Fall professionelle Hilfe! Lösen die Bilder und Worte „nur“ Traurigkeit aus, versuche dir Zeit für diese Gefühle einzuräumen, anstatt sie wegzudrücken. je öfter du diese Trigger betrauert hast, desto weniger werden sie triggern.

Auch hier kann dich der SeelenSport® unterstützen und ermutigen, mehr auf dich zu achten. Du bekommst ein besseres Gespür für deinen Körper und deine Gefühle. Sei geduldig mit dir und beginne in kleinen Schritten.

Achte und höre auf dein Herz und es wird dir besser gehen! <3


Hast du bereits selbst mit diesen Triggern Erfahrung gemacht? Wie gehst du damit um und was hilft dir persönlich in solchen Situationen?