vorweihnachtszeit trauer

Gerade eben saß ich mit meinem Freund vor dem Fernseher, als doch plötzlich die erste Weihnachtswerbung erschien. Autsch. Fängt das schon wieder an. Ein weiteres Weihnachten ohne meine Schwester steht mir bevor und ich gehe mit gemischten Gefühlen in diese Zeit. Sie fehlt. Sie hat Weihnachten und die Zeit davor geliebt. Mittlerweile kann ich mit einem lächelnden und weinenden Auge gleichzeitig dieser Vorweihnachtszeit entgegen blicken. Das erste Jahr allerdings war das schlimmste Jahr. Steht auch dein erstes Weihnachten ohne den geliebten Menschen bevor? Heute öffne ich meinen größten Schatz für dich, in der Hoffnung, dass er dir Mut und Zuversicht schenken kann.

Für die meisten ist die Vorweihnachtszeit eine aufregende, lustige Zeit, in der viel getrunken und gegessen wird. Geselliges Miteinander sieht man an jeder Ecke und an jedem Weihnachtsmarkt. Weihnachtsfeiern wo das Auge nur hin reicht. Die Kaufhäuser erstrahlen in bunter Weihnachtsbeleuchtung und überall riecht man den Duft von Lebkuchen und Zimt. Doch es gibt da noch Menschen inmitten, denen diese Zeit nur Schmerzen bereitet. Trauernde, die einen geliebten Menschen verloren haben. Trauernde, die eine schlimme Trennung durchleben mussten. Trauernde, die durch eine erschütternde Diagnose erfahren mussten, dass die nächste Zeit von Krankheit und Ängsten geprägt sein wird.  Das erste Weihnachten ohne diesen Menschen oder ohne den gesunden Zustand des Körpers steht an.

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Das erste Jahr ist hart

Meine Schwester musste im September sterben. Nicht viel Zeit blieb also bis die ersten Weihnachtskekse die Regale dekorierten. Es war jeden Tag pure Folter für mich: die Musik, die Kekse, die Menschen, die Beleuchtung… Ich wollte nicht wirklich aus dem Haus gehen. Musste es hin und wieder aber doch. Am 04.11.2013 schaffte ich es erstmals selbstständig wieder in Innsbruck einkaufen zu gehen. Wie das so verlaufen ist, habe ich detailliert in meinem so genannten Larissa-Tagebuch beschrieben und werde dir hier exklusiv einen Einblick in meine Zeilen geben. Um dir Hoffnung zu schenken…

Ich stehe auf, gehe ins Bad, mach mich fertig für den Tag. Ich muss Essen einkaufen und alltägliche Dinge besorgen. Eine der größten Herausforderungen für mich. Langsam schlender ich durch das Kaufhaus bis zum Drogeriemarkt. An mir huschen teils gestresste, teils fröhliche einkaufs-wütige Menschen vorbei, manche mit einem Lächeln im Gesicht, andere frustriert über den Stress und die Kälte. Im Drogeriemarkt angekommen fällt mir sofort die Schlange Menschen bei der Verpackungsstation der Parfums auf, danach die Adventsdekoration schön mittig sichtbar platziert. Ich spüre einen dumpfen Schlag in meinem Herzen. Während ich durch den Shop gehe und nach meinen Wunschartikeln suche, höre ich Musik, laute aggressive Musik, um davon abzulenken. Doch immer wieder spüre ich diesen seltsamen Schmerz in der Brust und versuche ihn weiter zu ignorieren und zu unterdrücken. Mir fällt es schwer zu atmen und ich rede mir ein, dass es an der Hitze im Geschäft liegt. Ich bezahle meine Artikel und begebe mich weiter auf den Weg in das Lebensmittelgeschäft. Weihnachtskekse fallen mir ins Auge und es schnürt mir die Kehle zu. Ich schlucke den Schmerz kräftig hinunter, atme tief ein und gehe weiter. Auf dem Weg zur Kasse sehe ich Weihnachtsschokolade. Ein erneutes Stechen in der Brust trifft mich und unzusammenhängende Wortfetzen schwirren durch meinen Kopf, die mich wiederum schwer atmen lassen. Mir ist heiß und das Denken fällt mir schwer. Gedanken machen sich breit, all die gekauften Dinge fallen zu lassen und einfach los zu rennen. Trotzdem atme ich tief ein und bezahle meinen Einkauf ruhig . Von außen ist mir wohl nichts anzumerken. Mit schnellem Schritt und zunehmender Schnappatmung führt mich mein Weg nach Hause. Dort angekommen setze ich mich in die Küche und atme schnell und kräftig ein und aus, um nach Luft zu ringen. Dabei spüre ich den Schmerz hochkommen und es zerreißt mich fast. Tränen kullern über meine Wangen und ich könnte nur noch schreien. Nichts ist normal, auch wenn ich mir noch so viel Mühe gebe zu tun, als wäre es wie vorher, das ist es nicht. Der permanente Schmerz sitzt in mir und geht mit mir, egal wohin ich gehe, egal was ich mache. Egal wie sehr ich mich anstrenge. Die Stimme holt mich immer wieder ein, die Tag und Nacht zuflüstert: Ja, deine Schwester ist tot, sie wurde ermordet, sie kommt nicht wieder…. egal wie sehr ich versuche dagegen anzukämpfen. Wie soll ich all das nur ohne dich durchstehen kleine Schwester?

Warum ich dir davon berichte und dir diese Zeilen zeige? Weil ich heute, Jahre später, hier sitze und mich teilweise auf diese Vorweihnachtszeit freuen kann. Ich habe damals verzweifelt nach Menschen im Netz gesucht, die etwas derart Schlimmes erlebten und mir zeigen konnten, dass es möglich ist, dies zu überstehen und wieder lachen zu können. Ich habe mich durch Foren gewühlt und fand nur noch mehr Schmerz.

Genau deswegen habe ich mich entschlossen, dass ich dir diese Hoffnung und Zuversicht schenken möchte, nach der ich vergeblich suchte.

Heute gehe ich gerne durch die Geschäfte und die Weihnachtsmärkte, weil ich Larissa vor mir sehe, wie sie ihren Glühwein trinkt und lächelt. Weil ich sie zu „Last Chrsitmas“ tanzen sehe und dabei mein Herz aufgeht. Weil ich unfassbar dankbar bin, meine anderen Schwestern und meine Freunde zu haben, mit denen ich diese Zeit genießen kann. Und ich weiß und verspreche dir, dass auch du irgendwann wieder solche stärkenden Gefühle dazu haben wirst.

Wann kann ich dir nicht sagen. Bei mir hat es auch Jahre gedauert. Dennoch fehlt sie mir auch heute noch zu dieser Vorweihnachtszeit. Jeden Tag wünsche ich mir, sie könnte mit mir gemeinsam die Weihnachtsmärkte erobern und Kekse backen. Zwischendurch weint mein Herz und meine Seele bitterlich um sie. Aber ich habe einen Weg gefunden, diese Gefühle anzunehmen und sie als Teil meines Lebens zu akzeptieren.

Zwischen Aufgeben und Hoffnung

Vielleicht mag das seltsam erscheinen, sogar ich habe kurz verwundert drein geschaut, als ich das Datum sah. Dadurch wird noch offensichtlicher wie groß das Auf und Ab in der Trauer ist und wie unterschiedlich unsere Gedanken sich entwickeln, wenn wir trauern. Ein Text, der von einem gebrochenen Herzen erzählt, mit einem hoffnungsvollen Blick in die Zukunft. Der Eintrag stammt ebenfalls aus meinem Tagebuch und ist am 06.11.2013 datiert:

Ich habe oft daran gedacht, wann es wohl aufhören wird, wann damit endlich Schluss ist. Doch das wird es nie sein, das habe ich mittlerweile verstanden und akzeptiert. So ist das Leben, so ist mein Leben und ich habe gelernt zu nehmen, wie es kommt und das Beste daraus zu machen. Nein, ich wurde gezwungen es zu lernen. Immer nach dem Guten zu suchen, auch wenn oft im ersten Moment nur Schlechtes zu sehen und zu spüren ist. Es erschüttert mich nicht mehr, es schockt mich auch nicht mehr, gar nichts mehr. Es gehört zu meinem Leben, so ist das nun mal. Ich komme damit klar, ja ich komme mittlerweile damit klar. Manchmal muss ich einfach nur lachen, wenn ich aus meinem Leben erzähle oder daran denke, so verworren und unrealistisch wirkt es, fast schon lächerlich. Ich höre Musik, ganz bewusst. Jede einzelne Klaviertaste höre ich. Ich sehe die Sonne und spüre die Wärme, nicht am Vorbeigehen, sondern ganz bewusst. Ich denke an sie, meine Schwestern, und weiß, da ist noch Gutes im Leben, wofür es sich zu kämpfen lohnt.

Was hier in meinem Kopf vor sich ging, kann ich dir nicht sagen. Diese anfängliche Zeit ist, als würden wir in einem Nebelfeld spazieren. Ich weiß, dass für dich diese Zeit nun hart wird, aber ich weiß auch, dass du das schaffen kannst. Und, wenn es dir mal schlecht gehen sollte und du nach Hoffnung suchst, dann komm zurück auf diese Seite und ich hoffe ich kann dir ein Stück Mut und Zuversicht schenken. Pass gut auf dich auf, achte auf deinen Körper und gib dir besonders jetzt genug Raum und Zeit. Dann wirst auch du irgendwann wieder strahlen können, neben der Trauer, die auch da sein darf!